Die Sprache des Körpers erlernen

Wer die Vorgänge im Körper besser verstehen und ihn beeinflussen möchte, muss einige der wichtigsten sensorischen Signale nachahmen können, um mit ihm zu kommunizieren. Als Instrumente dazu dienen die Reflezonentherapie, die Mikropressur, die Schrittnachbildung und "propriocise" (Körpereigene Reize einsetzen). Diese 3 Interessengebiete befassen sich mit der organisierten Anwendung sensorischer Schlüsselsignale auf Hände und Füsse.

 

Sensorische Schlüsselsignale sind jene der Fortbewegung. Um sensolokomotorische Informationen zu gewinnen, werden propriozeptive Empfindungen imitiert. Unter Propriozeption versteht man den Selbsterfahrungsmechanismus des Körpers, das Bild, das er in Bewegung von sich selbst gewinnt. Reflezonentherapie, Mirkropressur, Schrittnachbildung und "propriocise" sind nichts anderes als angewandte Propriozeption.

 

Propriozeption - die Sprache der Bewegung

 

Die Propriozeption des Körpers setzt bereits in der Kindheit ein und hält das ganze Leben hindurch an. Der Stress, den der Körper beim Gehen erfährt, richtet zusammen mit den sensorischen Signalen der Propriozeption im gesamten Körper ein Spannungsmuster ein. Die wiederholte und regelmässige Einwirkung von Stressoren führt zu "Verschleiss". So können

auch die wiederholten Anforderungen, die das Gehen lebenslang an den Körper stellt, zu jenem graduellen "Verschleissprozess" beitragen, den wir als "Altern" bezeichnen.

 

Das übliche Spannungsmuster beziehungsweise dieser Zyklus lässt sich durchbrechen, wenn wir dem Körper "Urlaub" von der sonstigen routine verschaffen. Dies gelingt am besten mit einem Programm, das die Propriozeption imitiert, indem es den Körper vor neue und andersgeartete Anforderungen stellt. Denn eine bewusst ausgeübte Propriozeption erbringt Ergebnisse, wie sie den körperlichen Funktionen angemessen sind. Häufige Spannungsunterbrechung führt zu erhörter Anpassungsfähigkeit, grösserer Flexibilität und einem geänderten Energieverbrauch. Regelmässige körperliche Betätigung verbessert den Muskeltonus und strärkt das Kreislaufsystem - warum sollte der Körper auf eine bewusste Anwendung der Propriozeption also nicht ebenfalls mit einer ähnlichen Verbesserung der allgemeinen Organfunktionen reagieren?

 

Die Anwendung der Propriozeption besteht im gezielten Einsatz ihrer Elemente. Die "Berichte" von Muskeln, Sehnen und Gelenken werden in die Körpersprache von Druck und Bewegung übersetzt. Diese "Uebersetzung" ermöglicht es dem einzelnen, mit dem Körper in dessen eigener Sprache zu kommuniziern.

 

Körperzeption

 

"Propriozeptive Empfindungen sind jene, die das Gehirn über den physischen Zustand des Körpers ins Bild setzen;

dazu gehören 1. Spannung der Muskulatur,2. Spannung der Sehnen,3. Gelenkwinkel,4. Tiefendruck auf Fusssohle."

(Guyton, Arthur C., Function of the Human Body, W.B. Saunders Co, 1969).

 

" Jeder, der ein Kleinkind in seinem Wachstum beobachtet, wird erkennen, wie komplex die Erlernung der Körperhaltungen eigentlich ist, vor allem das Sitzen, Stehen und Gehen. Wenn das Neugeborene mit Händen und Füssen winkt und deutet, dann sind da die ersten Anzeichen seines Haltungsbewusstseins. Die Schwierigkeiten, sich aufzusetzen, sind so gross, das das Neugeborene zwei voll Monate dazu braucht, es zu lernen. um das Stehen zu lernen, muss es meist etwa 6 Monate lang üben, zum Gehen benötigt es neun Monate, zur Kontrolle von Darm und Blase etwa zwei Jahre. Aber selbst mit zwei Jahren beherschen die meisten Kleinkinder dies alles noch nicht vollkommen. Wir können beobachten, wie sie die ganze Kindheit hindurch immer noch mit verschiedenen Möglichkeiten von Haltung und Bewegung experimentieren. Dreiradfahren und Radfahren sind  Erforschungen des Gleichgewichts. Schaukeln auf dem Spielplatz, Seilhüpfen und andere Formen desse, was man als "Spiel" bezeichnet, sind nichts anderes als ein Erziehungsprozess des Körpers. Der "linkische" Teenager ist ein lebendiger Beweis für den Umstand, dass dieser Erziehungsprozess mindestens sechzehn bis achzehn Jahre dauert."

(Reflexions / Mai/Juni 1981, Band 2, Nr.3).

 

" Wie der Körper seine verschiedenen Haltungen erlernt, das ist ein experimenteller Prozess, der die ganze Kindheit hindurch und sogar bis in die ersten Jahre des Erwachsenseins von achtzehn bis zwanzig hinein andauert. Ein Beispiel für diesen Lernprozess des Körpers ist das Ueben des freien Wurfs beim Basketball. Beim ersten Versuch landet der Ball möglicherweise weit vom Korb entfernt, aber der Körper passt seine Muskulatur immer besser dem Ziel an, mit dem Ball durch den Reifen zu treffen. Es ist möglich, bewusst zu urteilen, dass der Ball "fast richtig", nur zu kurz, oder seitlich vorbei, oder weit genug aber seitlich vorbei geworfen wurde. Aber wie genau der Körper diesen oder jenen Muskel dirigiert, um dieses "zu kurz" zu korrigieren, das bleibt unbewusst und voll,ommen dem automatischen Positionsmechanismus des Köpers überlassen. Jener Mechanismus aber ist es, der in der Kindheit erlernt und eingeübt wird.

Was geschieht nun mit diesem Positionsmechanismus beim Erwachsenen? Das Lernen geht weiter. Ständig wir propriozeptives Feedback aufgenommen und beantwortet. Wie wir jedoch alle wissen, reagiert der Körper beim Erwachsenen niht immer in gleicher Weise. Mit vierzig oder fünzig Jahren gelingt der freie Wurf nicht mehr ganz so leicht wie mit zwanzig oder auch noch dreissig Jahren. Ein steifer Hals mag die Bewegungen des Armes beeinträchtigen. Oder vielleicht hat das Knie nicht mehr seine alte Sprungkraft. Was ist geschehen?

Der Lernprozess des Erwachsenen in bezug auf Körperhaltung und Position enthält Elemente, die in der Kindheit noch nicht vorhanden waren. Zusätzlich zum natürlichen Vorgang des Alterns nimmt der Körper auch noch auf bestimmte Erfahrungen Rücksicht - da war doch einmal ein verstauchter Knöchel oder ein steifer Hals vom Schlafen auf der falschen Seite oder ein Magenkrampf. Diese Erfahrungen tragen dazu bei, dass der Körper sich immer wieder anders verhält. Alle Aufgaben, wie Gehen, Stehen, Werfen, werden durch diese Körpererfahrungen modifiziert. Wegen des verstauchten Knöchels veränderte der Körper seine Methode zu gehen, um den Schmerz, den der Knöchel ihm verursachte, zu verringern. Diese Veränderung reichen vom klar Sichtbaren bis zum kaum noch Erkennbaren.  Schon die Anspannung verschiedener Muskelfasern fürht zu parallelen Verspannungen in anderen Fasern. Dier wirkung erfasst den ganzen Körper. Der kumulative Effekt der Erfahrungen des Körpers auf seinen Haltungsmechanismus macht den freien Ballwurf des Zwanzigjährigen also zu einem vom freien Ballwurf des Vierzigjährigen völlig verschiedenen Vorgang". (Reflexions Juli/August 1981, Band 2, Nr.4)

 

"Die von Muskulatur, Gelenken und Sehnen gesammelten Sinneseindrücke stellen wir nicht etwa wegen ihrer anatomischen Quelle zu einer Gruppe zusammen, sondern weil sie in ihrer Gsamtheit das Gehirn mit  einer ganz bestimmten Art der Information versorgen. Sehrrington nannte es die "propriozeptiven Sinneswahrnehmungen"; sie sagen dem Menschen, was er macht und was darauf folgt: ob seine Bewegungen nach Plan ablaufen oder ob sie auf irgendwelche Hindernisse stossen.

Anders ausgedrückt, stellen die propriozeptiven Sinneswahrnehmungen eine Art Monitor dar, der die Betätigung der Muskulatur jeder neuen Anforderung sofort anpasst.

Ohne eine derartige Information wüsste man nicht, was die eigenen Gliedmassen gerade tun; es wäre zum Beispiel unmöglich, die eigene Namse im Dunkeln finden. Das propriozeptive System beliefert das Gehirn gleichsam mit einem Schaubild der gesamten verfügbaren Muskulatur und ihres gegenwärtigen Bereitschaftsstandes." (Jonathan Miller, The Body in Question. Copyright 1978 by Jonathan Miller, abgedruckt mit Genehmigung von Random House, Inc.)

 

 

  ".. Versuche haben gezeigt, dass sich die Einwirkung von Stressoren immer nur eine bestimmte Zeit lang ertragen lässt. Nach einer anfänglichen Alarmreaktion passt sich der Körper an und richtet sich auf Widerstand ein; wie lange, das hängt von den körperlichen Fähigkeiten und von der Intensität des Stressor ab. Zuletzt tritt Erschöpfung ein.

Wir wissen noch immer nicht genau, was dabei verlorengeht, jedenfalls nicht ausschliesslich kalorische Energie, denn auch während der Dauer des Wiederstands bleibt die Nahrungsaufnahme normal. Man könnte daher glauben, der Wiederstand würde sich endlos fortsetzen lassen, sobald die Anpassung einmal erfolgt und Energie in ausreichendem Masse vorhanden ist. Aber so wie eine rein mechanische Apparatur sich abnützt, selbst wenn sie genug Treibstoff hat, so fällt auch die menschliche Maschine irgendwann dem "Verschleiss" zum Opfer. Die drei Stadien dieses "Verschleisses" stehen in Analogie zum menschlichen Leben: zur Kindheit(mit demfür sie charakteristischen geringen Widerstand und den übertriebenen Reaktionen auf jede Art von Stimulus), zum Erwachsensein (da man sich den meisten Anforderungen bereits angepasst hat, wobei der Wiederstand wächst) und dem Greisentum (charaterisiert durch irreversiblen Verlust der Anpassungsfähigkeit und schliessliche Erschöpfung), das mit dem Tod endet." (Hans Selye, Stess without Distress.)

 

 

Literatur

Text von Kevin und Barbara Kunz, Reflexzonnenmassage)

 

 

                                                         mejhr..